Von Gegenfrage.com
Eine israelische Denkfabrik schreibt in einer neuen Analyse, dass die Zerstörung des Islamischen Staats aus westlicher Sicht ein „strategischer Fehler“ sei. Ein geschwächter IS, der Krieg gegen „andere böse Jungs im Nahen Osten“ führt, sei wesentlich nützlicher und würde Geheimdienstarbeit ersparen.
Der Westen sollte die weitere Schwächung des Islamischen Staates (IS) anstreben, ihn aber nicht zerstören. Ein schwacher aber funktionierender IS könne leicht untergraben werden, die Akteure konzentrierten sich somit auf sich gegenseitig und nicht auf westliche Ziele, zudem werde so das „iranische Streben nach regionaler Hegemonie“ behindert. Dies schreibt die israelische Denkfabrik Begin-Sadat Center for Strategic Studies (BESA) in einer Analyse vom August 2016.
Der IS sei vor allem dort erfolgreich, wo politische Leere herrscht und wo sie „gegen das geschwächte Militär gescheiterter Staaten“ kämpfen. Sobald der IS auf gut ausgebildete Truppen stoße, würden die Kämpfer zum Rückzug gezwungen. Der IS sei ein Magnet für radikale Muslime, die somit einfach zu identifizieren seien, wodurch aufwendige Geheimdienstarbeit eingespart werden könne. „Wenn er vollständig besiegt wird, bleiben diese Menschen wahrscheinlich zuhause und machen dort Schwierigkeiten“, so der Think Tank weiter.
„Verliert der IS sein Territorium … wird er mehr Terroranschläge außerhalb seiner Grenzen durchführen. Der Zusammenbruch des IS wird eine terroristische Diaspora hervorrufen, die muslimischen Immigranten im Westen könnten sich weiter radikalisieren. Die meisten Antiterror-Behörden verstehen diese Gefahr. Eine Verlängerung der Lebensdauer des IS führt wahrscheinlich zum Tod von mehr muslimischen Extremisten durch die Hände der anderen bösen Jungs im Nahen Osten und wird dem Westen vermutlich viele Terroranschläge ersparen.“
„Darüber hinaus könnte ein schwacher IS die Attraktivität der Idee eines Kalifats untergraben. Eine dysfunktionale und umkämpfte politische Einheit fördert den Frust der Anhänger eines Kalifats besser, als wenn [der IS] von der mächten US-geführten Koalition zerstört wird … Die westliche Ablehnung der Brutalität und der Unmoral des IS sollte nicht über die strategische Deutlichkeit hinwegtäuschen.“
Das Begin-Sadat Center for Strategic Studies ist eine israelische Denkfabrik, die eine „realistische, konservative, zionistische Agenda bei der Suche nach Sicherheit und Frieden für Israel“ zur Aufgabe hat und sich in der Bar-Ilan Universität befindet. BESA hat kooperative Beziehungen mit führenden strategischen Forschungsinstituten auf der ganzen Welt, von Ankara über Washington, London oder Seoul. Das Center führt spezielle Analysen durch, unter anderem im Auftrag des israelischen Außenministeriums oder der NATO.
Den ganzen Bericht gibt’s hier: besacenter.org, Info über die Denkfabrik: wikipedia (en)
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