Pfarrer entdeckt das glücklichste Volk der Welt und verliert seinen Glauben

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1977 hatte der Kalifornier Daniel Everett einen klaren Auftrag: Die Bibel in die Sprache der Pirahã zu übersetzen. Also macht er sich mit seiner Frau und seinen drei Kindern auf den Weg in den brasilianischen Urwald zum Maici, einem Nebenfluss des Amazonas, wo der Indianerstamm ohne Errungenschaften der modernen Zivilisation lebt. Sieben Jahre lang bleibt Everett bei den Pirahã, lernt ihre Sprache, eignet sich ihre Lebensweise an.

Everett, der gläubige Christ, wird von den etwa fünfhundert Pirahã-Indianern fröhlich empfangen. Sie nehmen ihn auf, er wohnt mit ihnen, studiert ihr alltägliches Leben. Er beobachtet sie beim Fischen, Jagen, Beerensammeln und Maniokausgraben. Eines fällt ihm dabei von Anfang an auf: “Alle schienen glücklich zu sein. Jedes Gesicht zierte ein Lächeln”. Mit der Zeit beginnt er, ihre Sprache zu lernen. Diese ist aussergewöhnlich: Die Pirahãs kennen weder Farbbezeichnungen wie rot und gelb noch Zahlen, und folglich können sie auch nicht rechnen.
Leben im Jetzt.

Auch sprechen sie nicht über Dinge, die sie nicht selbst erlebt haben, wie die ferne Vergangenheit also, oder die Zukunft. Das wird Everett bewusst, als er das Wort “xibipíío” lernt. Er hört es beispielsweise, wenn ein Jäger aus dem Dschungel kommt oder ein Boot hinter einer Flussbiegung auftaucht. Die Pirahãs benutzen es auch, wenn ein Flugzeug vorbei fliegt, oder wenn ein Zündholz erlischt. “Schliesslich wurde mir klar, dass dieser Begriff das benennt, was ich als Erfahrungsschwelle bezeichne: den Vorgang, die Wahrnehmung zu betreten und zu verlassen.” Wichtig ist für die Indianer nur die stattfindende Gegenwart, das Jetzt.

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Darum verlaufen alle Missionierungsversuche Everetts im Sande. Weil nur über das unmittelbar Erlebte gesprochen wird, kennen die Piraha weder Schöpfungsmythen noch andere Überlieferungen. Sie interessien sich schlicht nicht für Jesus. “Wir sind keine Amerikaner. Wir sind Pirahã, und Pirahã glauben nicht an Jesus”, sagen sie. Dass Everett ihnen keinen lebenden Augenzeugen für Christus Existenz vorführen kann, macht sie umso skeptischer. “Hast du ihn gesehen, welche Hautfarbe hat er, wie gross ist er?”, fragen sie. Everett entgegnet, dass weder er noch andere Jesus gesehen haben. “Also niemand, den du kennst, hat ihn gesehen? Warum erzählst du uns dann von ihm? Wir würden nie über etwas sprechen, wofür wie keine Beweise haben.”

Everett: “Ich habe irgendwann die lebensverändernde Entscheidung getroffen, mich von der Religion abzuwenden. Insofern haben die Piraha mich mehr beeinflusst als ich sie. Das Außergewöhnlichste, das den Menschen auffällt, die die Piraha mit mir besuchen, ist ihre Zufriedenheit. Wenn in der Nacht ein Sturm kommt, alle nass macht und die Häuser umwirft, weil die sehr wackelig gebaut sind, regt das niemanden auf. Sie lachen und drängen sich zusammen und sprechen die ganze Nacht, und am nächsten Tag wird geschlafen. Es ist ihre Belastbarkeit und ihre Fähigkeit, mit Problemen umzugehen; es sei aber nicht so, dass ihr Leben einfacher wäre als unseres. Sie sind glücklicher wegen ihrer inneren Kraft und der kulturellen Werte, die westliche Kulturen nicht mehr besitzen.”

Heute arbeitet Prof. Daniel Everett als Sprachwissenschaftler und Ethnologe an der Universität von Illinois. Wie er seinen Glauben verlor, erklärt der Professor auf diesem Link http://www.youtube.com/watch?v=dg84mFeIsLQ

Das Buch “Das glücklichste Volk”, in welchem der heutige Anthropologe und Linguist seine Erlebnisse erzählt, ist nun auf Deutsch erschienen.

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