Iran Deal: Was ist mit Israels Massenvernichtungswaffen?

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Von rt.com

Wieder einmal stehen der Iran und dessen Atomprogramm im Zentrum des amerikanischen Sturms. Eigentlich war dieses Thema schon längst vom Radar aller beteiligten Nationen verschwunden. Doch wie steht es in dem Zusammenhang um Israels Massenvernichtungswaffen?

 

von Zlatko Percinic

US-Präsident Donald Trump hat es geschafft, dass sich zumindest die an den Verhandlungen beim Iran-Abkommen beteiligten Nationen wieder damit beschäftigen mussten.

Trump tat lediglich das, was er in seinem Wahlkampf versprochen hatte, nämlich, die Abschaffung des „Iran Deal“, der in den USA sehr unpopulär ist. Das bedeutet also, dass die Regierungen der beteiligten Nationen sowie die Medien ein knappes Jahr lang Zeit hatten, sich eine Antwort auf dieses Vorhaben einfallen zu lassen. Stattdessen hoffte man offensichtlich, dass Trump es vielen Wahlkämpfen hierzulande nach tut und seine  Wahlversprechen ins Reich der Vergesslichkeit verbannt.

Während unsere Medien und Politiker aufs Gaspedal drückten und mit lautstarker – berechtigter – Kritik und Gefahrenbeschwörungen auf sich aufmerksam machten, ignorierten sie vollkommen, was Trump eigentlich wirklich am Freitag, dem 13. Oktober, getan beziehungsweise gesagt hatte. Er sagte nicht, dass er den Vertrag aufkündigen werde, wie es EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini in ihrer Presseerklärung implizierte. Stattdessen machte er nur von seinem Recht Gebrauch, welches von seinem Vorgänger Barack Obama dem Commander-in-Chief eingeräumt wurde.

Was hierzulande nahezu unbekannt ist, ist die Tatsache, dass obwohl die USA das Iran-Abkommen unterzeichnet haben, die Unterschrift nach US-Recht null und nichtig ist. Denn Obama hätte dafür die Zustimmung des Senats gebraucht, so wie es die Verfassung bei internationalen Verträgen vorsieht. Da er aber wusste, dass er diese Zustimmung entweder gar nicht oder nicht im verfügbaren Zeitrahmen erhalten würde, ließ er den Vertrag trotzdem unterzeichnen und stellte damit die amerikanische Legislative vor die Wahl, entweder einen Kompromiss zu finden oder als Verantwortliche in die Geschichte einzugehen, die einen hart erarbeiteten Deal aufgrund von “Formalitäten” sprengen ließen.

So kam es, dass ein Kompromiss mit dem US-Kongress ausgearbeitet wurde. Mit dem “Iran Nuclear Agreement Review Act 2015” verpflichteten sich Obama und alle seine Nachfolger alle 90 Tage lang eine Bestätigung abzugeben, dass sich der Iran an das Abkommen halte und, kurioserweise, alle 180 Tage lang bestätigen, ob sich die Menschenrechtslage gegenüber der vergangenen 180 Tage nicht verschlechtert habe. Das ist die “Zertifizierung”, von der alle sprachen. Es war also Obama, der den Grundstein für die Nicht-Zertifizierung von Trump gelegt hatte. Aber darüber schweigt man sich lieber aus.

Israels Massenvernichtungswaffen

Genauso wie man sich mit Israel und dessen Massenvernichtungswaffen ausschweigt. Da wird auf der einen Seite vollmundig etwas über CB-Proliferation geredet, ein Land wird wegen nicht vorhandenen Massenvernichtungswaffen zerstört und ein anderes wegen einem nicht vorhandenen Nuklearwaffenprogramm sanktioniert. Auf der anderen Seite aber wird das einzige Land im Mittleren Osten mit all diesen Waffen einfach ignoriert. Die westliche “Wertegemeinschaft” tut einfach so, als gäbe es all das in Israel nicht.

Im übertragenen Sinn wird vom Iran verlangt, seine Hosen aufgrund des Atomprogramms herunterzulassen, während man in Israels Fall nicht einmal einen Jackenknopf geöffnet hat. Dabei ist es nicht so, dass man nicht gewusst hätte, was sich in der Negev-Wüste über Jahre hinweg abgespielt hat.

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Der Weg bis zur israelischen Bombe liest sich wie ein Kriminalroman allererster Güte. Über DiebstahlSpionageBetrugErpressungPropaganda und Lügen über Lügen steht alles im Lebenslauf des Geheimprojektes “Dimona”. Und dennoch existiert es auch heute noch, trotz aller Beteuerungen, dass “Israel nicht als Erstes Atomwaffen in die Region bringen wird”. Von US-Präsident Obama gab es sogar zum allerersten Mal den offiziellen Segen dazu. Von der Unterzeichnung des Atomwaffensperrvertrages – vom Iran unterzeichnet und ratifiziert – will Israel ebenso wenig etwas wissen wie von der seit 1974 immer wieder geforderten “nuklearwaffenfreie Zone im Mittleren Osten”. Von Inspektionen durch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) mit Sitz in Wien gar nicht erst zu sprechen.

Diese wurden von David Ben-Gurion, dem ersten Ministerpräsidenten Israels, als “Verletzung der israelischen Souveränität” bezeichnet. Und als dann unter massivem Druck von US-Präsident John F. Kennedy wenigstens zwei amerikanische Experten unter strengen Vorlagen 1961 zum ersten Mal Dimona besuchten durften, wurde ihnen nur das gezeigt, was Ben-Gurion erlaubt hatte. Die bis 1969 durchgeführten “Inspektionen” sorgten schließlich selbst bei den Experten für Konsternation, da ihnen nicht nur die israelische Regierung Vorgaben erteilte, sondern sie auch zur Erkenntnis gelangten, dass die “US Regierung nicht bereit ist, richtige ‘Inspektionen’ zu unterstützen”.

Wenn schließlich bekannt wurde, was für ein offenes Geheimnis Israel in und unterhalb der Negev-Wüste hat, dann reagierte die Regierung mit größtmöglicher Härte. Der erste “Whistleblower” war Mordechai Vanunu, ein Mann der neun Jahre lang als Techniker in Dimona gearbeitet hatte, bis er 1986 der britischen Zeitung Sunday Times Beweise über das Atomwaffenprogramm vorlegte. 2006 war es ausgerechnet Ministerpräsident Ehud Olmert, der in einem Sat.1-Interview in Deutschland durch einen Freud’schen Versprecher das Tabu gebrochen hat. Der letzte bekannte Abweichler der offiziellen Linie ist Avraham Burg, ein ehemaliger Knesset-Abgeordneter und gegenwärtiger Direktor der mächtigen Jewish Agency. 2013 erklärte er in einem Interview, “Israel hat nukleare und chemische Waffen” und forderte eine offene, öffentliche Diskussion darüber.

Weniger bekannt sind aber die chemischen und biologischen Kampfstoffprogramme Israels. Hinzu kommt, dass Jerusalem das Abkommen zum Verbot von Chemiewaffen noch nicht gesetzlich ratifiziert hat, obwohl der Vertrag bereits 1993 unterzeichnet worden ist.

Ein Sprecher des israelischen Außenministeriums sagte dazu, dass “Israel solange den Vertrag nicht ratifizieren wird, solange es von anderen Staaten der Region mit der Zerstörung bedroht wird.“ Syrien hatte Israel noch nie mit der Zerstörung gedroht, auch nicht Ägypten, Jordanien, Saudi-Arabien oder der Irak – und auch nicht der Iran, der wegen seiner Entfernung auch nicht zur Region gehört.

Nur ist das so eine Sache mit der Bedrohung. Eine geheime CIA-Analyse aus dem Jahr 1963 kam zu dem Schluss, dass selbst alle arabischen Nachbarstaaten zusammen keine Chance in einem Krieg gegen Israel hätten und dass Israel absichtlich die Bedrohungslage übertreibt.

In einem Interview mit der London Sunday Times vom Oktober 1998 sagte ein Biologe, der ehemals eine hohe Stellung im israelischen Geheimdienst Mossad innehatte: “Es gibt kaum eine einzige bekannte oder unbekannte Form von chemischen oder biologischen Waffen, welche nicht am Institut hergestellt wird.

Mit Institut ist das “Ness Ziona“-Institut für Biologische Forschung gemeint, wo seit den 1950er Jahren im Auftrag des israelischen Staatsgründers David Ben-Gurion nach chemischen und biologischen Kampfstoffen geforscht wird. Dort ist auch das militärische biologische Waffenprogramm HEMED BEIT untergebracht. Gegründet wurde es von Ephraim Katachalsky, der sich später in Katzir umbenennen ließ und zum vierten Präsidenten Israels werden sollte. Mehrmals wurden Kampfstoffe des HEMED BEIT gegen wirkliche und vermeintliche Feinde eingesetzt.

Das nicht nur geforscht wurde, bewies ein weiteres CIA-Dokument, in dem von einer Chemiewaffenfabrik in der Nähe des schwer bewachten Nuklearreaktors Dimona die Rede ist.

Israel Schahak (†2001), ein Überlebender des Holocausts und Professor für Biochemie an der Hebräischen Universität von Jerusalem, schrieb in seinem aufsehenerregenden Buch “Open Secrets: Israeli Nuclear and Foreign Policies” folgenden Satz, der bis heute nichts an Aktualität verloren hat:

Der Wunsch nach Frieden, so oft als israelisches Ziel angenommen, ist aus meiner Sicht nicht ein Prinzip der israelischen Politik, während es der Wunsch zur Ausdehnung von Israels Herrschaft und Einfluss ist.

Es stellt sich die Frage, wie es sein kann, dass im iranischen Kontext zu Israel mit zweierlei Maß gemessen wird. Was macht es für einen Sinn, über Verbote von Massenvernichtungswaffen zu sprechen, wenn der Staat, der nebst Amerika immer am lautesten über irgendwelche Bedrohungen schreit, völlig unbehelligt an ABC-Waffen basteln und sie teilweise sogar einsetzen kann? Was soll das für eine Botschaft an andere Länder sein, die ebenfalls über ein eines oder alle Teile des ABC-Arsenals verfügen wollen? Diese Frage stellte sich David Nes auch. Er beantwortete sie mit einer rhetorischen Gegenfrage in einem offenen Artikel in der New York Times am 5. Juni 1971: Israel – der 51. Staat?

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