Was passierte in Bautzen und Clausnitz?

in Kriminalität/Menschenrechte
TRETE UNSERER TG GRUPPE BEI
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Chemnitz-Einsiedel, Meerane, Freiberg, Dreieich, Villingen-Schwenningen usw. – die Liste der Städte, in denen es Übergriffe auf Flüchtlinge und deren Unterkünfte gab ist mittlerweile erschreckend lang und wächst stetig. Nun gliedern sich auch Bautzen und der Ortsteil Clausnitz der Gemeinde Rechenberg-Bienenmühle, beide in Sachsen gelegen, in diese nachdenklich stimmende Liste ein. Eine Zusammenfassung der Geschehnisse:

Am 18. Februar sollten 25 Flüchtlinge, die vorher in Chemnitz untergekommen waren, in eine neue Unterkunft nach Clausnitz gefahren werden. Die Ankunft stellte sich allerdings problematischer als gedacht dar, weil der Bus zuerst durch ein Auto auf der Fahrbahn zum Halten gezwungen wurde und die Personengruppe im Bus anschließend von einer etwa 100 Menschen umfassenden Gruppe fremdenfeindlicher Deutscher empfangen wurde, die Zeilen wie “Wir sind das Volk” skandierten und ihrem Unmut freien Lauf ließen. Die verständlicherweise verunsicherten und eingeschüchterten Insassen des Busses mussten schließlich durch die anwesende Polizei, teils mit rabiaten Methoden aus dem Bus in das Heim “verfrachtet” werden.

Der Vater (geflüchtet aus dem Libanon) zweier Söhne, deren rüdes Abführen aus dem Bus auch auf dem Video zu sehen ist erzählt in einem Interview, dass diese sehr verängstigt gewesen seien, geweint hätten und immer wieder sagten, dass sie nicht in diese Unterkunft wollen würden (mag einleuchtend sein – wer möchte schon in eine Wohnung, vor der bereits zukünftige Mitmenschen ganz klar zeigen, dass man unerwünscht ist?). Eine andere Frau bekundet ihre Angst, sagt sie könne nicht ruhig schlafen. Es wird geäußert, dass man ohne Begleitung nirgends hinkönne, da man sich immer in Gefahr wäge. Am liebsten würde man zurück in die vorherige Unterkunft in Chemnitz, wo es zwar keine eigene Wohnung gegeben habe, aber immerhin ein gewisses Maß an Sicherheit statt offen geäußertem Hass. Eine Familie sei sogar bereits per Taxi zurück nach Dresden gefahren.

“Ich hab denen gesagt wir wollen keine Ausländer. Vor allen Dingen Islamisten.” [Auf die Frage, ob die Flüchtlinge um ihr Leben fürchten müssten]. “Nein, noch nicht – kann ich jetzt nicht beurteilen.” – ein befragter Bürger

Allerdings repräsentiert die ausländerfeindliche Stimmung bei der Busankunft nicht die Gesinnung der Bevölkerung von Clausnitz (?). Bürgermeister Michael Funke (parteilos) stellte bei der nächsten Gemeindesitzung folgende Frage in den Raum: “Glaubt eigentlich irgendjemand, dass dieser ganze Hass etwas bringt?” Er sagt, man dürfe diese Taten nicht tolerieren. Sie hätten nicht nur bei ihm und seiner Familie, sondern ja vor allem bei den Flüchtlingen Spuren hinterlassen, für die seine Scham groß sei. Ein weiterer Besucher der Sitzung, selbst Mitglied des Pro-Flüchtlingsnetzwerkes Asyl berichtet er sei selbst an dem Abend dabei gewesen. Er habe die weinenden Frauen und Kinder gesehen und könne die Szenen nicht vergessen. Er widerspricht auch der Aussage der Polizei, dass das harte Durchgreifen durch das Verhalten der Flüchtlinge provoziert worden sein soll. Er stellte die Aussage in den Raum, dass es viel gut zu machen gäbe. Traurige Tatsache: Seit seinem Auftreteten erhalten seine Mithelfer und er jede Menge Nachrichten, in denen mit Ermordung und Ähnlichem gedroht wird.

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Seitens der Polizei wird, wie auch beispielsweise nach der Kölner Silvesternacht, das eigene Scheitern mit einer Fehleinschätzung der Situation begründet […] Vor der Unterkunft hätten “nur” etwa 20 Beamte versucht, den Mob durch Androhung von Platzverweisen aufzulösen. Dabei sei allerdings nur verspottendes Gelächter geerntet worden. Der Chemnitzer Polizeipräsident Uwe Reißmann ging sogar so weit, den Flüchtlingen Mitschuld an der Eskalation der Situation zu geben (!) Hier sollte man allerdings kurz innehalten. Wie kann ernsthaft behauptet werden, dass eine Gruppe von 25 Flüchtlingen in einem Bus, die von einer Gruppe offensichtlich rechtsradikaler Personen mit Hassparolen empfangen wird und durch eine zu kleine Gruppe Polizisten geschützt werden soll, Schuld an der Eskalation trägt?


In Bautzen wurde ein ehemaliges Hotel – der Husarenhof – in Brand gesetzt. In Bautzen sind im Moment etwa 600 Flüchtlinge untergebracht – nun sollten in dem Hotel weitere untergebracht werden. Am 21. Februar wurde dieses Vorhaben zunichte gemacht. Der Dachstuhl stand gegen drei Uhr nachts in Flammen – vor dem Gebäude eine Gruppe von etwa 30 Personen, von denen einige den Flammen zujubelten und sich sogar daran versuchten, die Feuerwehr vom Löschen des Brandes abzuhalten. Bisher habe es laut Aussage des Bürgermeisters zwar des öfteren Widerstand gegeben, bisher jedoch immer gewaltlos und im Dialog. Er hält an seinem Kurs fest: “Ich bin nicht bereit, das einfach so hinzunehmen. Jetzt erst recht.” Man werde nach einer alternativen Unterkunft suchen – die 300 neuen Flüchtlinge würden in jedem Fall aufgenommen werden.

Die Stimmung in der Bevölkerung sieht da nicht so eindeutig aus. Bildete sich nach der Brandstiftung am Montag auf der einen Seite zwar eine flüchtlingsfreundliche Demonstration, hört man immer wieder rechtsextreme, vorurteilsbelastete Einzelmeinungen wie “bevor meine Frau von denen vergewaltigt wird, sollen die gerne Unterkünfte anzünden”. Von drei Personen aus der Gruppe vor dem Gebäude wurden die Personalien aufgenommen, nachdem sie einem Platzverweis nicht Folge leisteten. Ob der Brand tatsächlich aus fremdenfeindlichem Hintergrund mutwillig geschah soll nun durch polizeiliche Ermittlungen geklärt werden.


Wie soll man mit diesen Vorfällen, die ja mittlerweile traurigerweise nur noch kleine Steine in einem Mosaik von Geschehnissen sind, umgehen? Dialog. Dialog mit Flüchtlingen, wie sie sich vor Ort fühlen. Dialog mit Freunden. Dialog mit linksgerichteten, gemäßigten und vor allem rechtsgerichtet orientierten Menschen. Denn genauso wie es für das Verständnis für Flüchtlinge vonnöten ist, diese kennenzulernen, so ist es auch unerlässlich, mit den Ansichten und Argumenten von Gegnern der Flüchtlinge vertraut zu werden. Es kann unheimlich aufschlussreich sein, sich mit den Argumenten und Motiven dieser Meinungen zu befassen – nicht zuletzt um auch seine eigene Meinung zu erweitern. Das soll nicht heißen, dass man diese Ansichten gutheißen soll – sondern nur lernen, sie zu durchblicken und zu verstehen. Nichts ist weniger produktiv, als wenn zwei festgefahrene Meinungen aufeinanderprallen. Man kann ausländerfeindlich bzw. “besorgt” gestimmte Menschen nicht zu einem Überdenken ihrer Meinung bringen, wenn man sie pauschal als dumm oder falsch hinstellt und verhöhnt. Nur durch Diskussion kann es zu einem Prozess in der fremden als auch in der eigenen Meinung kommen. Um Missverständnisse zu vermeiden – das ist kein Freifahrtschein für Aktionen wie oben aufgeführt. Diese sind in jedem Fall zu verurteilen, die Verantwortlichen sollten sich in jedem Fall vor Gericht für ihre Handlungen verantworten müssen. Jeder genießt zwar den Luxus von Meinungsfreiheit – die Ausübung und Entfaltung dieser hört aber genau dort auf, wo andere dadurch in ihrer eigenen Freiheit eingeschränkt, diskriminiert oder angegriffen werden. Diese Linie wurde von dem “Volk” hier klar überschritten.

Als Leitsatz für den Umgang mit Flüchtlingen kann auch der Kant´sche Grundsatz der allgemeinen Hospitalität betrachtet werden. Demnach hat ein “Fremder” in jedem beliebigen Land ein Besuchsrecht. D.h. er darf sich dort aufhalten, ohne dass man ihm feindselig gesinnt ist – solange er sich selbst rechtmäßig verhält. Des Weiteren darf er nicht ausgewiesen werden, falls es zu seinem Leid geschehe (also wenn ihm im eigenen Land bspw. Verfolgung droht).

Wenn man selbst ins Grübeln kommen sollte, warum ausgerechnet wir, also Europa und verstärkt Deutschland als Gastland für die Flüchtlinge “herhalten” müssen, halte sich den Grund für ihre Flucht vor Augen: Krieg und Armut. Letzten Endes wurde beides auch durch uns (z.B. durch die deutschen Waffenexporte und Rohstoffkriege) hervorgerufen. Warum sollten ausgerechnet wir, nur dadurch, dass wir in ein wohlhabendes, nicht durch Krieg geplagtes Land geboren wurden, das ewige und alleinige Anrecht auf Wohlstand und Frieden haben und anderen, die vor Armut und Krieg fliehen, das Gastrecht, nur aus Angst selbst auf irgendetwas verzichten zu müssen, verwehren?


Feature Image (C) Hendrik Schmidt, dpa

3 Comments

  1. Kann den Artikel inhaltlich nur unterstützen, doch folgendes ist mir aufgefallen:

    “Meinungsfreiheit – diese hört aber genau dort auf, wo die des anderen beginnt.”

    — unsinnige Aussage. Dann wäre es keine Freiheit. Und vor allem können sich Meinungen auch überschneiden. Es gibt also keine klare Trennung. Was hier wohl gemeint ist, ist die freie Entfaltung. Diese muss da aufhören, wo sie andere einschränkt. Und damit sich nicht nur Egomanen durchsetzen, gilt dies gesetzlich geregelt. Zum Schutz von Einzelnen und Minderheiten.

  2. Der Artikel macht es sich zu einfach. Schreiben Sie nicht selbst “solange er sich selbst rechtmäßig verhält”? Bisher geschahen also keine grauslichen Taten und vor allem wurden sie vorher angekündigt? Hat man den freien Willen der Einheimischen respektiert oder wurde er ignoriert? Wir wissen, dass der Zustrom der Massen nicht abreißen wird und dass nur ein Bruchteil von ihnen tatsächlich Flüchtlinge sind. Wir wissen, dass dieser Zustrom bewusst nach Europa gesteuert wird und schließlich in einem Genozid der Kultur und der Weißen enden wird, wenn nicht etwas Unerwartetes passiert. Die Europäer werden zum Selbstgenozid gezwungen – wie auch Ihr Artikel suggeriert.
    Verzeihen Sie, aber den letzten Absatz hätten Sie sich auch sparen können. Es wäre besser, Sie hätten recherchiert, wer uns Unfrieden (Terror) und Armut bringen wird. Ich selbst wünsche ALLEN Menschen auf der Welt Frieden und Wohlstand. Weiters glaube ich auch nicht, dass wir Bürger mit Waffenlieferungen einverstanden sind.
    Sie sollten jene kritisieren und attackieren, welche uns in so eine missliche Lage bringen, welche meinen, mit uns alles tun zu können.
    Den “echten” Flüchtlingen wünsche ich, dass für sie alles wieder gut wird.

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