Neue Indizien: Brutale Raubüberfälle in Belgien der 1980er Jahre mutmaßlich durch Gladio-Geheimarmee

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Von rt.com

Eine Serie von Raubüberfällen auf Supermärkte und Juweliere aus den 1980er Jahren rückt in Belgien wieder in die Schlagzeilen. Damals starben 28 Menschen, 40 wurden verletzt. Nun eröffnen ein Waffenfund und das “Geständnis” eines Polizisten neue Perspektiven.

 

Die so genannte Brabant-Bande hat bei 16 Überfällen auf Supermärkte, Restaurants oder kleine Läden zwischen 1982 und 1985 völlig willkürlich 28 Menschen erschossen, darunter auch Kinder und hilflose Passanten, die auf dem Boden kauerten oder einfach nur in einem Auto saßen. Zudem blieben mindestens 20 Verletzte und zahllose traumatisierte Menschen zurück.

Die Opfer waren unter anderem Familien beim Feierabendeinkauf, ein Taxifahrer, ein Juwelier und ein Supermarkt-Filialleiter, zwei Polizisten und ein dreizehnjähriger Junge auf einem Fahrrad. Die “Killer von Brabant” waren 1982 plötzlich im Süden von Brüssel aufgetaucht. Was sie antrieb, ist bis heute unklar. Geld allein kann es nicht gewesen sein. Die vier Männer, die mit abgesägten Jagdflinten um sich schossen, erbeuteten beispielsweise im August 1982 in einem Lebensmittelgeschäft Tee, Wein und Champagner. Und erschossen dabei einen Polizisten.

Mit diesem Phantombild wurde der so genannte Riese gesucht.

Keine hohe Beute, unverhältnismäßige Brutalität

Einen Tag vor Heiligabend im selben Jahr stahlen die Räuber aus einem Restaurant Zigaretten und Champagner, und wieder musste ein Mensch dafür sterben. Sie raubten zwar auch einmal Waffen und drei kugelsichere Westen, aber oftmals auch nur Whisky, Kaffee und Pralinen. Bei ihren Überfällen auf Supermärkte kamen die Gangster zwar auch zu Geld, doch das Verhältnis zwischen dem erbeuteten Gut und der Anzahl der Opfer machte schon damals viele stutzig.

Im September 1985 überfiel die Bande an einem Tag gleich zwei Delhaize-Supermärkte und floh mit umgerechnet 30.000 Euro. Doch dabei starben acht Menschen, vier wurden verletzt. Am 9. November 1985 erschossen sie im Delhaize von Aalst acht Personen und verletzten neun. Der Wert der Beute hier: rund 22.500 Euro. Nach diesem blutigen Überfall verschwanden die Gangster plötzlich komplett und ohne Spuren. Es gab zwar Gerüchte, dass einer der Täter verletzt worden sein könnte. Aber Beweise dafür gab es nie.

Bis heute konnte keiner der Täter dingfest gemacht werden, obwohl Augenzeugen schon damals durchaus brauchbare Beschreibungen lieferten. Es soll sich immer um drei Männer gehandelt haben. Von einem, den die Medien aufgrund seiner Körpergröße den “Riesen” nennen, existierte sogar ein Phantombild.

Jugendliche melden mysteriösen Waffenfund

Doch in der vergangenen Woche geriet der Fall wieder in die Schlagzeilen, nachdem drei Jugendliche der Polizei mitgeteilt hatten, sie hätten im Kanal zwischen Charleroi und Brüssel ein Gewehr, einen Revolver und rund 1.000 Schuss Munition gefunden.

Der Fund datiert offenbar bereits auf das Frühjahr 2017 zurück, aber die Jugendlichen informierten offenbar erst jetzt die Behörden, nachdem sie im Fernsehen einen Bericht über das Gangstertrio gesehen hatten. Die Metallkisten lagen nicht weit von der Stelle entfernt, an der die Polizei schon 1986 eine Pistole und kugelsichere Westen im Wasser gefunden hatte. Die von den drei Jugendlichen gemeldeten Waffen und Munition waren offenbar in Metallkisten verstaut, die mit den Aufschriften “Rijkswacht” beziehungsweise “Gendarmerie”, der alten Bezeichnung der Polizei in Belgien, versehen waren.

https://twitter.com/EsRevorTeR/status/922022990283452416?ref_src=twsrc%5Etfw&ref_url=https%3A%2F%2Fdeutsch.rt.com%2Feuropa%2F59938-belgien-steckte-hinter-brutalen-raubueberfaellen-der-1980er-jahre-das-gladio-netzwerk%2F

Und noch eine weitere Begebenheit befördert nun erneut die unter der Oberfläche stets kursierenden Theorien über eine mögliche Undercoveraktion der belgischen Polizei im Stile des “Gladio-Netzwerks” der NATO: Unter Tränen gestand der Bruder des ehemaligen Polizisten Christiaan Bonkoffsky gegenüber dem belgischen TV-Sender VTM, dass Bonkoffsky ihm vor zwei Jahren auf dem Sterbebett gebeichtet habe, der “Riese” zu sein. Und tatsächlich zeigt das vorhandene Phantombild eine frappierende Ähnlichkeit mit dem früheren Polizisten – die Größe stimmt ebenfalls.

Starke Indizien, dass Bonkoffsky der “Riese” war

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Inzwischen tauchte sogar ein Jugendfreund auf, der die Polizei bereits 1998 darauf aufmerksam gemacht haben will, dass Bonkoffsky der “Riese” sein könnte. Bonkoffsky war ihm damals mit rechtsradikalen Sprüchen aufgefallen, sagte der Mann am 23. Oktober bei VTM. Es müsse ein Staatsstreich kommen, “um die Macht an uns zurückzugeben”, habe Bonkoffsky damals getönt. War also Bonkoffsky tatsächlich der ominöse “Riese”?

Neben der Ähnlichkeit mit dem Phantombild sprechen noch andere Indizien dafür: So soll Bonkoffsky in der Zeit der Überfälle jedes Mal dienstfrei gehabt haben, und nach einem Überfall soll er sich wegen einer Fußverletzung krankgemeldet haben. Beim darauffolgenden Angriff, so behaupten Augenzeugen, habe einer der Räuber gehumpelt. Zwei Millionen Seiten umfasst die Akte zu den Verbrechen mittlerweile. Zeitweise arbeiteten über 100 Personen in der Sonderermittlungsgruppe – ohne Erfolg.

Die fehlenden Resultate bei den Ermittlungen beförderten in Belgien schon früh Verschwörungstheorien: Da halte jemand die Hand drüber und manipuliere Ermittlungsergebnisse, da bestünden sicher Verbindungen nach ganz oben, weil eine Art Terrorgruppe den Staat destabilisieren wolle, um rechte Kräfte ans Ruder zu bringen, hieß es. Die neuen Spuren geben derlei Gerüchten zumindest teilweise neue Nahrung. Denn Bonkoffsky war bis kurz vor Beginn der Raubserie Mitglied der Elite-Einsatzgruppe Diane, die in Belgien nach den Olympischen Spielen 1972 zur Terrorabwehr eingerichtet worden war.

Allerdings war Bonkoffsky aus der Einheit geflogen, weil sich aus seiner Waffe bei einer Übung versehentlich ein Schuss gelöst hatte. Es war zwar niemand verletzt worden, doch so etwas dürfe einem Anti-Terror-Kämpfer nicht passieren, hieß es. Auf der anderen Seite könnte alles auch eine konstruierte Legende sein. Steckt hinter den Verbrechen in Belgien also eine Art Ableger des “Gladio”-Netzwerks? Diese “Stay-behind”-Organisation sollte im Falle eines Krieges gegen die Staaten des Warschauer Vertrags im westeuropäischen Hinterland tätig werden.

Wie viele “Gladiatoren” wirkten in Eigenregie weiter?

Die Existenz dieser Organisation wurde 1990 in Italien aufgedeckt. Offiziell soll sie Ende der 1960er Jahre ihre Tätigkeit eingestellt haben, damals endete zumindest Dokumenten des US-Kongresses zufolge die offizielle Finanzierung. Einige Angehörige des Netzwerks könnten jedoch ihre Verbindung aufrechterhalten und in Eigenregie tätig geworden sein, um die Politik in westeuropäischen Staaten zu beeinflussen. So werden “Gladio”-Strukturen für zahlreiche Terrorakte in Westeuropa in den 1970er und 1980er Jahren verantwortlich gemacht, die ursprünglich linken Untergrundgruppen in die Schuhe geschoben worden waren und in weiterer Folge den Weg für immer neue “Antiterrorgesetze” ebneten. Für eine Verbindung zu den Vorfällen in Belgien spricht zudem, dass die Ermittler schon früh beobachtet hatten, dass die “Killer von Brabant” mit erstaunlicher Präzision und Professionalität vorgingen, wie man sie etwa erfahrenen und trainierten Polizisten zusinnt.

Schon damals fiel immer mal wieder der Name der Diane-Einsatzgruppe, weil die Täter auf eine ähnliche Weise vorgingen, wie es die Sonderkräfte trainiert hätten. Später, 1997, soll Bonkoffsky gar von einem Zeugen als möglicher Verdächtiger benannt worden sein. Doch diesen Hinweis taten die Ermittler offenbar als unseriös ab.

“Wer hier ermittelt, riskiert immer noch sein Leben”

Der Justizminister Belgiens, Koen Geens, dämpfte indes die Hoffnungen auf eine Lösung des Falles. Die Spur sei den Behörden schon im Februar zugetragen worden und sei zweifellos “interessant”. Aber ein handfester Beweis für ihre Zuverlässigkeit habe sich noch nicht gefunden, sagte er vor einem eilig einberufenen Parlamentsausschuss. Schließlich habe es damals noch keine DNS-Spuren oder Handydaten gegeben.

Ein belgischer Privatdetektiv ist diesbezüglich jedoch ganz anderer Ansicht.

Alle Ermittler und Untersuchungsrichter, die im Moment mit dem Dossier beschäftigt sind, spielen mit dem Feuer”,

warnte Ben Zuidema am vergangenen Samstag in einem Interview mit der belgischen Tageszeitung Het Laatste Nieuws. “Wer das untersucht, riskiert noch immer sein Leben.” Der “Privatschnüffler” selbst arbeitete Anfang der 1980er noch als Undercoveragent mit der Gruppe “Diane” zusammen. Er sei damals erstaunt gewesen, wie schnell seine Informationen in andere Kreise durchgesickert seien:

Das System war damals schon verrottet. Ehrlich, ich vertraue nach all den Jahren niemanden mehr.

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