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Negativ-Strompreise durch Sturm „Herwart“ – Chaos auf deutschem Energiemarkt

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Von rt.com

Im Jahr 2016 wurden in Deutschland insgesamt 381 Terawattstunden (1 TWh entspricht 1 Milliarde Kilowattstunden) aus erneuerbaren Energien bereitgestellt. Der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch stieg nur leicht von 31,5 % (2015) auf 31,7 % (2016) an. Quelle: Umweltbundesamt.

Herbststurm „Herwart“ sorgte nicht nur auf den Straßen für Chaos. Wegen der starken Sturmböen fielen die Strompreise kurzzeitig ins Negative. Für die Verbraucher allerdings keine gute Nachricht – sie zahlen am Ende sogar noch drauf.

Herbststurm „Herwart“ hat in Deutschland nicht nur die Feuerwehr und den Katastrophenschutz in Atem gehalten. Neben entwurzelten Bäumen, abgedeckten Dächern und lahmgelegten Bahnstrecken gab es noch ein weiteres Opfer: den deutschen Stromnutzer. Die Orkanböen mit Geschwindigkeiten von bis zu 140 Kilometern pro Stunde sorgten für Chaos auf dem deutschen Energiemarkt.

Schuld daran ist der extreme Wind. Denn „Herwart“ sorgte für so viel Wind, dass der Strompreis geradezu in sich zusammenbrach. Binnen weniger Minuten rutschten an der Energiebörse EEX die Preise für Elektrizität ins Minus, der Markt stand quasi Kopf. Mehr noch: Wer Strom verkaufte, musste seinen Abnehmern plötzlich sogar Geld bezahlen.

An der Spitze rutschte der Preis auf minus 83,06 Euro pro Megawattstunde. Im Durchschnitt lag der Preis bei minus 52,11 Euro, so tief wie seit Weihnachten 2012 nicht mehr. Im Vergleich: Zu normalen Zeiten wird der Strom für rund 37 Euro pro Megawattstunde gehandelt.

Der Herbststurm zeigte auf drastische Weise die Schwächen der deutschen Energiewende auf. Denn immer wenn die deutschen Solaranlagen oder Windräder mehr Energie produzieren, als gerade benötigt wird, es also zu einem eklatanten Überschuss kommt, stürzen die Preise ab.

Negative Preise an den Strombörsen gehören mittlerweile zum Alltag auf dem Energiemarkt. Verantwortlich dafür ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das einer seltsamen Logik folgt.

So darf jeder Produzent grünen Stroms unabhängig von der Nachfrage seine Kilowattstunden ins Netz einspeisen. Die Netzbetreiber sind demnach verpflichtet, die Elektrizität zu einem festen Vergütungssatz abzunehmen und überschüssigen Strom an der Börse EEX zu handeln. Nun könnte man zunächst denken, dass Minuspreise gut für den Verbraucher sind – doch dem ist nicht so. Im Gegenteil: Private Verbraucher zahlen mittelbar sogar noch drauf.

Das liegt an der sogenannten Erneuerbaren-Energie-Umlage (EEG-Umlage). Immer wenn die Preise an den Strombörsen negativ sind, erhöht sich die Differenz zwischen garantiertem Vergütungssatz und dem Marktpreis und damit der entsprechende Subventionsbetrag. Dies wiederum führt zur steigenden EEG-Umlage, was sich wiederum auf die Portemonnaies der Bundesbürger auswirkt. So stieg in 2017 die Gebühr auf den Rekordwert von 6,88 Cent je Kilowattstunde.

„Immer wenn Strom produziert wird, den niemand unmittelbar braucht, entwickelt der Markt das Phänomen der Negativpreise“, sagte Tobias Struck, Leiter Energiespeicher beim norddeutschen Versorger Wemag gegenüber der „Welt“.

Das liegt daran, dass es noch immer nicht genug Möglichkeiten gibt, überschüssige Energie zu speichern oder umzuwandeln.”

Bei jeder „physischen Ware“ würde der Preis bei einer Überproduktion bis auf null fallen. Die überschüssigen Waren würden entsorgt werden. Doch nicht so bei Strom:

Strom jedoch lässt sich nicht entsorgen. Er muss Abnehmer finden – um jeden Preis. Sogar für einen negativen”, so Struck.

Seit 2012 kam es an 16 Tagen zu einem negativen Durchschnittspreis an der EEX, allein siebenmal in den vergangenen beiden Jahren. Nimmt man die Tagesschwankungen und nicht die Durchschnittsnotierungen als Grundlage, rutschten die Preise deutlich öfter ins Negative. Bei der EEX heißt es von daher lapidar:

Für die Betreiber von konventionellen Kraftwerken lohnt es nicht, in Zeiten der Stromschwemme die Anlagen runterzufahren. Die zahlen lieber Minuspreise.”

Aber es gibt wie immer auch Gewinner. In diesem Fall sind es die Nachbarländer Deutschlands. „Sie nehmen unseren überschüssigen Strom gern ab und fahren gleichzeitig ihre eigenen Kraftwerke runter“, erläuterte Struck gegenüber der „Welt“. Vor allem in der Schweiz und Österreich funktioniere diese Methode prächtig.

Betreiber von sogenannten Pumpspeicherbecken im Hochgebirge füllten mit dem deutschen Umsonst-Strom ihre Stauseen. Doch so richtig lohnend wird es, wenn der Strom aus diesen Kraftwerken später zu hohen Preisen wieder nach Deutschland zurückverkauft wird.

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