Kanada auf dem Weg zur Legalisierung von Cannabis

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Von: Sensiseeds.com

Als Justin Trudeau die Wahlen in Kanada überraschend klar gewonnen hatte, war für Marc Emery sofort klar, dass „ Gras jetzt ist in ganz Kanada legal ist”. Auch der Rest von Kanadas Aktiven feierte den Sieg der Liberalen Partei fast schon, als ob Cannabis ab sofort nicht mehr verboten wäre. Mehr zum Stand der Dinge in Kanada hier.

Ein innenpolitisches Top-Thema wird international kaum wahrgenommen

Als Justin Trudeau die Wahlen in Kanada überraschend klar gewonnen hatte, war für Marc Emery sofort klar, dass „ Gras jetzt ist in ganz Kanada legal ist“. Auch der Rest von Kanadas Aktiven feierte den Sieg der Liberalen Partei fast schon, als ob Cannabis ab sofort nicht mehr verboten wäre. So weit ist es zwar lange noch nicht, doch der neue Premier hat die Re-Legalisierung nicht auf der vorletzten Seite eines kaum wahrgenommenen Wahlprogramms seiner Partei entdeckt, sondern hatte Cannabis bereits im Wahlkampf zu einem seiner Top-Themen gemacht. Wer in Kanada Trudeau gewählt hat, wusste buchstäblich, was den Wählerinnen und Wählern im Falle seines Sieges blühen wird: Legale Hanfpflanzen in einem G7-Staat.

Trudeau, der die Regulierung von Cannabis als einen der wichtigsten Punkte seiner neuen Politik genannt hatte, machte sich kurz nach der Wahl an die konkrete Umsetzung seines Versprechens. Bereits wenige Wochen nach Amtsantritt fordert er das Justizministerium auf, alles Notwendige zur Regulierung von Cannabis in die Wege zu leiten. In einem Offenen Brief erläutert Trudeau seinem Kabinett die Umsetzung einer Reihe von Wahlversprechen mit höchster Priorität, die er seinen Wählerinnen und Wählern im Wahlkampf gemacht hatte. In Zusammenarbeit mit den Ministerien für Öffentliche Sicherheit und dem Gesundheitsministerium ist ein Prozess in die Wege zu leiten, der die Legalisierung und Regulierung von Cannabis auf Bundes-, Landes-, und Lokalebene zum Ziel hat“, schreibt der neue Regierungschef dort zu Cannabis. Drei Wochen später bekräftigte Generalgouverneur David Lloyd Johnston, dass die neue Regierung ein Gesetz plane, das „Marihuana legalisiert, reguliert und den Zugang beschränkt.“

Vancouver als Vorreiter

In Vancouver könnte man jetzt schon fast glauben, Cannabis sei legal. Die Stadtverwaltung unter Bürgermeister Gregor Robertson lässt Hanfapotheken, die in Kanada eigentlich illegal sind, schon eine ganze Weile gewähren. Der Stadtrat ist sogar aktiv an der Aufstellung von Regeln für diese „Medical Dispensarys “ beteiligt, die nach Bundesrecht sogar illegal sind. Seit Juni 2015 können sich Hanfapotheken um eine Lizenz bewerben, von denen die ersten acht bald vergeben sein sollen. Insgesamt hatten sich 176 Shops beworben, von denen die meisten an der strengen Abstandsregel von 300 Meter zur Schulen gescheitert sind. Die abgelehnten Bewerber haben jetzt sechs Monate Zeit, ein geeignetes Objekt zu suchen, um erneut eine Lizenz zu beantragen. Die Duldung in B.C.s Hauptstadt führte bis vor kurzem noch zu heftigen Konflikten mit der konservativen Ex-Regierung von Premier Steven Harper. Die hatte im Laufe ihrer langen Amtszeit die Cannabis-Gesetzgebung peu à peu verschärft und selbst den Patienten den ehemals legalen Eigenanbau verboten. Natürlich wollten die Konservativen auch bis zum Schluss ihrer Amtszeit 2015 alle Dispensarys in Vancouver schließen lassen, weil solche Abgabestellen gegen kanadisches Bundesrecht verstoßen. Die neue Regierung jedoch betrachtet Vancouver eher als eine Art Modellprojekt für ein reguliertes Modell auf Bundesebene denn als Bedrohung. So haben sich in den letzten Wochen und Monaten gleich in mehreren Städten und Gemeinden in Britisch Kolumbien für ähnliche Regelungen entschieden. Derzeit fragt sich nicht nur Polizei von Victoria, wie und ob sie die neuen Shops überhaupt ins Visier nehmen oder darf.

Vapo-Lounges bleiben vorerst illegal

Neben den Dispensarys, die nur an anerkannte Patienten abgeben, haben sich in Vancouver auch so genannte Vapo Lounges etabliert. Gegen eine monatliche Mitgliedsgebühr können Patienten und auch Genusskonsumenten Cannabis in einem Coffeeshop ähnlichen Umfeld vaporisieren. Einige dieser Lounges sind den Hanfapotheken direkt angeschlossen, andere agieren seperat. Gras wird dort nicht verkauft, in den Vape-Lounges gilt „BYOB“ (Bring your own Bud). Obwohl die Lounges nicht verkaufen, sollen sie dem Willen der Stadtoberen Vancouvers zufolge keine Lizenzen erhalten und auf Dauer geschlossen werden. Aber noch agieren zahlreiche dieser Etablissements, die der Einschätzung des kanadischen Kriminologen Professor Neil Boyd zufolge kein großes Problem sind. Boyd forscht und publiziert seit vielen Jahren an der Simon Fraser Universität in Britisch Kolumbien zu den Auswirkungen aller Art von Drogen auf die kanadische Gesellschaft. Er hält solche Lounges für weniger gefährlich als Kneipen. „Ich habe mal mit einem ranghohe Polizisten gesprochen, der mir sagte, ohne die Existenz Alkohol hätte er wohl nur halb so viel zu tun. Von Cannabis kann man so etwas nicht behaupten. Cannabis verursacht nicht den sozialen Verfall wie Alkoholmissbrauch“, so Boyd gegenüber „The Globe and The Mail“ aus Vancouver.

Die UN-Single Convention als Gradmesser

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Während die Re-Legalisierung in „B.C.“ schneller als jede Gesetzesänderung zu sein scheint, wird sich die Bundesregierung unter Premier Trudeau noch eine Weile ganz schön anstrengen müssen, bis Cannabis im ganzen Land legal verkauft werden kann. Denn neben den notwendigen Regelungen zu Jugendschutz, Prävention, Besteuerung, Eigenanbau und Konsumentensicherheit muss es Kanada als G7-Staat auch auf Internationaler Ebene schaffen, seine Partner auf dem Internationalen Parkett zu beschwichtigen. Anders als Uruguay handelt es sich eine der größten Volkswirtschaften der Welt. Als das kleine Land zwischen Argentinien und Brasilien 2013 legalisiert hat, gab es bereits Kritik sowie Drohungen der UNO, die allerdings bis heute folgenlos geblieben sind. Doch Uruguay hat es bislang auch nicht geschafft, ein Verkaufssystem zu etablieren, das kritisiert oder gar sanktioniert werden könnte. Kanada hingegen wird nicht wie Uruguay legalisieren, ohne vorab die Details geklärt zu haben. Dort gibt es bereits 27 Produzenten von medizinischen Cannabis, die nur auf eine Lizenz zur Produktion von „recreational“, als Cannabis zu Entspannungszwecken, warten. Auch die Ankündigung der neuen Regierung, die Ausarbeitung des erforderlichen Gesetzes könne bis zu zwei Jahren dauern, klingt durchdacht. Denn anders als Uruguay oder die Niederlande hat man sich bereits Gedanken gemacht, wie Kanada legales Cannabis und das UN-Einheitsabkommen über Betäubungsmittel (Single Convention on Narcotic Drugs) unter einen Hut bringen kann:

„Ein Teil des Vorgangs zur Legalisierung des Cannabis-Besitzes und der Produktion wird sein, dass, Kanada herausfinden muss, wie es die Internationale Gemeinschaft informiert und welche Schritte notwendig sind, um die Verpflichtungen Internationaler Verträge unter diesen Voraussetzungen zu erfüllen“, kündigte Trudeau im Januar 2016 an.

Das ist genau der Punkt, der bislang von allen Legalisierungs willigen Politikern geschickt umschifft wurde, weil sich die UN wenig kompromissbereit gezeigt hat. Doch auch bei den ehemaligen Hardlinern der UN-Drogenehörde UNODC scheint man sich ganz langsam umzuorientieren. Sir Richard Branson, Mit-Begründer der Global Commission on Drug Policy, hat ein internes UN-Papier veröffentlicht, das die UNO kurz vor seiner Veröffentlichung aufgrund des Vetos mindestens eines Mitgliedsstaats in letzter Sekunde zurückgezogen hatte:

“Internationale Abkommen zur Drogenpolitik verpflichten die Mitgliedsstaaten nicht dazu, Drogenkonsum und den Besitz für den persönlichen Gebrauch zu kriminalisieren. Die Mitgliedsstaaten sollten die Einführung von Maßnahmen zur Gesundheitserhaltung und gegen die Überbelegung von Haftanstalten in Betracht ziehen, inklusive der Entkriminalisierung geringer Mengen Drogen für den eigenen Bedarf. […]. In Wissenschaft, Forschung und die Wahrung der Menschenrechte müssen mehr Mittel investiert werden, die Präventionsprogramme, die Behandlung Abhängiger sowie andere schadensmindernde Maßnahmen beinhalten,“ heißt es dort.

Noch konnte der Status Quo gegen die Empfehlung der UN eigenen Experten auf Druck eines oder mehrerer unbekannter Mitgliedsstaaten(en) gewahrt werden. Doch angesichts der Legalisierungsbestrebungen vieler US-Bundesstaaten und Kanadas sowie zahlreicher mittel- und südamerikanischer Länder scheint es nur noch eine Frage der Zeit, bis sich die hauseigenen Experten der UNODC auch in der offiziellen Haltung der Staatengemeinschaft Gehör finden. Sollte Trudeau zudem einen Weg finden, Cannabis an der UN-Single Convention vorbei zu regulieren, wird das wegweisend für die, die Kanada auf dem Weg der Regulierung folgen wollen.

 

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