Programmbeschwerde: “Schönfärberei und Manipulation” – ARD-Berichterstattung über Arbeitsmarkt

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Von rt.com
 

Zwei Medien-Experten haben eine Beschwerde über die Berichterstattung der ARD zur neuen Arbeitslosenstatistik eingereicht. Sie werfen der Tagesschau vor, die neuen Zahlen zur Arbeitslosigkeit “regierungfromm-propagandistisch” schönzufärben.

 

RT Deutsch dokumentiert die Beschwerde von Ex-ARD-Redakteur Volker Bräutigam und Friedhelm Klinkhammer, ehemaliger Chef des ver.di-Betriebsverbandes NDR, im Folgenden im Wortlaut.

Programmbeschwerde: Tendenzberichterstattung über den Arbeitsmarkt

http://www.tagesschau.de/multimedia/sen … 21069.html

Sehr geehrte NDR-Rundfunkräte,

am 1. August meldete ARD-aktuell wiederholt, auch in der Hauptausgabe der Tagesschau um 20 Uhr:

“Die Zahl der Arbeitslosen ist im vergangenen Monat leicht gestiegen, markiert jedoch den niedrigsten Wert in einem Juli seit der Wiedervereinigung. Wie die Bundes-Agentur mitteilte, waren 2.518.000 Menschen erwerbslos gemeldet, 45.000 mehr als im Vormonat, aber 143.000 weniger als noch vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote lag bei 5,6 Prozent. Experten zufolge steigt die Zahl der Jobsuchenden im Sommer an, weil sich viele junge Menschen nach Ende ihrer Ausbildung oder ihres Studiums vorübergehend arbeitslos melden.” (Quelle: s. Betreffzeile)”

Es bedarf schon einiger Abgestumpftheit, die regierungsfromm-propagandistische Schönfärberei und Manipulation in dieser Nachricht zu ertragen. Das “wie die Bundesagentur mitteilt” in dermaßen unvollständiger Form nachzubeten, wäre an sich schon Manipulation genug; die Agentur verkündete schließlich nicht allein, wie viele Personen sie gerade als erwerbslos in ihrer entsprechenden Statistik führt. Das sind ja nicht sämtliche Menschen, die sich tatsächlich wegen Erwerbslosigkeit gemeldet haben. Zudem ist die reklameartige und statistisch nicht belegbare Behauptung “niedrigster Juli-Wert seit der Wiedervereinigung” in indiskutabler Weise unsauber.

Ein aussagefähiger exakter Vergleich der Arbeitsmarktstatistiken von damals und heute ist unmöglich, weil der Gesetzgeber die Kriterien, die Definition von Arbeitslosigkeit, im zurückliegenden Vierteljahrhundert mehrmals deutlich verändert hat. Mit Schönheitschirurgie an der Statistik versuchten die Politiker, ihr Versagen im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit zu kaschieren.

Abgesehen von solchen unappetitlichen Details der propagandistischen Knechtsarbeit, die ARD-aktuell mit der zitierten Nachricht ableistet, zeigt deren Schlusssatz aber besondere Bösartigkeit. Er stellt die notwendige Reaktion junger Menschen auf ihre Arbeitslosigkeit als auslösende Ursache für die Zunahme der Arbeitslosigkeit dar.

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Selbst das alles andere als journalistisch vorbildliche ZDF heute-journal blieb sachlicher und meldete:

“[…] dass im Juli meistens die Zahl der Arbeitslosen steigt, weil viele Firmen Sommerpause machen und Auszubildende nicht übernommen werden.”

(Quelle: https://www.zdf.de/nachrichten/heute-journal)

Der Deutschlandfunk verzichtet ebenfalls auf regierungskonformistische Schönfärberei und unseriöse Vergleiche. Er berichtete während des ganzen Tages nicht nur über die statistisch aufbereiteten Erwerbslosenzahlen, sondern auch über die unbedingt dazugehörigen, das Bild vervollständigenden weiteren Angaben der Bundesarbeitsagentur:

“Die Zahl der Unterbeschäftigten ging im Monatsvergleich um 1,5 Prozent auf 3,5 Millionen zurück. Hier werden auch Personen erfasst, die offiziell nicht als arbeitslos gelten, weil sie etwa eine Fortbildung machen oder einen sogenannten Ein-Euro-Job haben.”

(Quelle: http://www.deutschlandfunk.de/arbeitslo … _id=775364)

So macht man das. Kurz, vollständig, korrekt. Wie es scheint, ist jedoch im Gegensatz dazu die Redaktionsmannschaft der ARD-aktuell nicht in der Lage, zwischen Ursache (arbeitslos geworden) und Wirkung (Meldung bei der Agentur) zu unterscheiden sowie halbwegs objektiv und umfassend zu berichten.

Die Redaktion weckt den über bloße “Unfähigkeit” hinausgehenden Verdacht, sie habe den Bericht absichtlich in so infamer Weise tendenziös formuliert und gehe nur zur eigenen Absicherung in Deckung hinter namentlich nicht genannten “Experten”. Wahrscheinlicher aber ist, dass wieder mal einfach nur irgend ein schludriger dpa-Text abgeschrieben wurde. Fast-Food-Information für neun Millionen Zuschauer. Von dieser ARD-aktuell ist nicht zu erwarten, dass sie den Zuschauer wirklich informiert und beispielsweise zusammenfasst:

“[…] Im Juli waren mehr als 6 Millionen Menschen arbeitslos oder unterbeschäftigt…”

Die Tagesschau-Meldung verstößt damit aber evident gegen die Programmrichtlinien des Staatsvertrages.

Volker Bräutigam, Friedhelm Klinkhammer

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